Kapitel 1: Bodenmüdigkeit bei Rosen

Was verstehen wir unter der allgemein als „“ benannten Eigenschaft?

Versuch einer Zusammenfassung

von Klaus Jürgen Strobel

Es gibt kaum einen Vortrag vor Rosenfreunden, wo nicht am Ende einer Diskussion das Thema Bodenmüdigkeit bei Rosen angesprochen wird.

1. Was verstehen wir unter der allgemein als „Bodenmüdigkeit“ benannten Eigenschaft?

Robert Markley gibt in seinem Buch „Rosen Enzyklopädie“ (Lizenzausgabe 2007 von Verlagsgruppe Weltbild, ISBN 978-3-8289-1767-5) folgende Erklärung:“ Die Bodenmüdigkeit bei Rosen ist ein komplexes, bisher nicht völlig geklärtes Phänomen. Sie kann auftreten bei Nachpflanzungen auf einer Fläche, auf der bereits Rosen, aber

auch andere Vertreter der großen Familie der Rosengewächse (Rosaceae) – beispielsweise Äpfel und Birnen – gestanden haben. Dabei ist der Boden nicht „müde“ – im englischsprachigen Raum benennt man das Problem treffender mit replant-disease (Nachbaukrankheit) -, sondern es kommen vielfache Wechselwirkungen von Bakterien, Nematoden //… auch Älchen genannt, etwa 20.000 Arten, mikroskopisch klein; vermutlich Eindringen in das Wurzelsystem // und Substanzen, die die Wurzeln der Vorgänger-Rosaceaen ausgeschieden haben, beim erneuten Pflanzen von Rosen an derselben Stelle derart zum Tragen, dass die frisch gepflanzten Rosen einen Minderwuchs zeigen. Vereinfachend könnte man sagen, dass sich Rosen im „Abfall“ ihrer Vorgänger nicht wohl fühlen.“ Einheitlich wird bei jeder Art von Bodenmüdigkeit ein Verkümmern, Vergilben und später ein Absterben der Wurzelhärchen im Bereich der Wurzelspitzen an den Pflanzen festgestellt.

Bereits im Jahr 1987 wurde im Arbeitskreis Bodenmüdigkeit in Baumschulen folgendes zur Frage der Ursachenforschung festgestellt: „Dass wir in der Ursachenforschung heute (also 1987) nicht viel weiter sind als vor 30 Jahren. Es macht sich nun nachteilig bemerkbar, dass wir im Vertrauen auf die Chemie den Forschungsbereich ‚Bodenmüdigkeit’ jahrzehntelang vernachlässigt haben.“

1.1. Zwei Arten von Bodenmüdigkeit

– lt. Prof. Spethmann (Universität Hannover) unterscheiden wir bei Rosen:

Bodenmüdigkeit verursacht durch Nematoden
Die spezifische Bodenmüdigkeit hervorgerufen durch die Wurzel einer spezifischen Rosenart (Artenspezifisch)
Die vermuteten Ursachen der spezifischen Bodenmüdigkeit:

Die Toxin Theorie
Durch den biologischen Abbau der Wurzelreste entstehen Stoffe, die für Neubildung der Wurzeln schädlich sind // Toxine = Gifte, hier: Wechselwirkung chem. Stoffe durch Wurzelzersetzung //.
Die Nährstoff-Mangeltheorie
Die hier vermuteten Mangelerscheinungen konnten bislang durch chemische Analysen nicht nachgewiesen werden.
Die Organismustheorie
Hier werden Wurzelausscheidungen der Pflanzen vermutet, die bei einer Nachpflanzung zu Minderwuchs führen. Auch hier fehlen wissenschaftliche Beweise.
1.1.1. Bodenmüdigkeit durch Nematoden

Wir wissen, dass ca 50 % aller Bodenmüdigkeitserscheinungen auf leichten Sandböden auf Wirkung der Nematoden beruhen. Diese kleinen Fadenwürmer stechen die zarten Wurzelhaare an, um an den Pflanzensäften der Pflanze zu schmarotzen, darum kommt es zu einem sichtbaren Kümmerwuchs der frisch gepflanzten Rose.

Nach den Untersuchungen aus der Dissertation von Dr. Heinrich Lösing aus dem Jahr 1995 war bei Nematoden die Nematodenart Pratylenchus penetrans der am meisten gefundene Schädling. Das im Handel erhältliche Sortiment von 27 verschiedenen Rosenunterlagen wurde auf die Anfälligkeit von Nematoden geprüft. Es zeigte sich , dass es zur Zeit keine Rosenunterlage gibt, die gegen Nematodenbefall immun ist. Aber Praktiker wissen, dass Rosa Laxa und Rosa Multiflora bei mehrfachem Anbau auf der gleichen Fläche schneller von spezifischen Nematoden geschädigt werden wie zum Beispiel Rosa inermis, Rosa Heinsohns Rekord und Rosa Pfänders.

Ein weiterer Schwerpunkt der Arbeiten von Dr. Lösing war die Bedeutung der Tagetes-Vorkultur zur Nematoden-Vernichtung. Bei den Versuchen bestätigte sich eine verminderte Nematoden-Population nach einer Tagetes-Vorkultur, wobei die Sorten Tagetes erecta und Tagetes patula die besten Ergebnisse aufwiesen.

1.1.2. Spezifische Bodenmüdigkeit

Die spezifische Bodenmüdigkeit bei Nachbauproblemen weist folgende Merkmale auf:

Spezifität = Einfluss der Wurzel der Rosenunterlage
Reversibilität = Wirkung erlischt durch Verpflanzen an einen neuen Standort // reversibel = umkehrbar, hier gemeint Standort mit unbelasteter Erde //
Immobilität = d. h. sie ist nicht ansteckend
Persistenz = Sie ist abhängig von der Bodenart viele Jahre nachweisbar // persistent = dauernd, beharrlich //
1.1.2.1. Spezifität

Nach Prof. Spethmann verursacht die spezifische Bodenmüdigkeit den größten Teil der Wuchsdepressionen. Diese zeigen sich oft in den sehr kurzen Internodien //Abstand zwischen zwei Austriebstellen// der neuen Triebe, die den Eindruck eines Kummerwuchses hervorrufen.

Es hat den Anschein, dass durch die Verwendung der immer gleichen Rosenunterlage die spezifische Bodenmüdigkeit sich schneller zeigt. In Schnittrosenbetrieben konnten durch einen Wechsel von Unterlagen Rosa canina auf Rosa indica major oder Rosa manetti wieder höhere Erträge an Schnittblumen erreicht werden. Auf der anderen Seite gibt es bei mehrmaligen Nachpflanzungen von Rosen auf Rosa indica major auf der gleichen Fläche ebenfalls Wuchsdepressionen durch die Bodenmüdigkeit.

Warum sind die Probleme der Rosenmüdigkeit heute so wichtig?

Aus der Geschichte wissen wir, dass in den Jahren 1800 bis ca.1890 alle Rosen fast ausschließlich in den Gärten unserer Vorfahren wurzelecht vermehrt waren, und es wird uns somit in alten Rosenbüchern des 19. Jahrhunderts kaum etwas von dem Problem der Bodenmüdigkeit berichtet. So ist deshalb zu vermuten, dass seit der Vereinheitlichung der Rosenunterlagen – hier besonders auf Rosa Laxa – vom Beginn des 20. Jahrhunderts an wir uns mit diesem Phänomen befassen müssen.

1.1.2.2. Reversibilität

Nach den neusten Forschungen von Prof. Wolf (Universität Göttingen) ist die spezifische Art der Bodenmüdigkeit eine Folge von Aktivitäten von Mikroorganismen die sich entweder direkt oder durch ihre Stoffwechselprodukte aggressiv gegen die neuen Wurzelspitzen bei frisch gepflanzten Rosen richten, somit eine gesunde Entwicklung der Rosenwurzel unterbinden und damit eine einwandfreie Ernährung verhindern . Wenn man aber eine solche Pflanze wieder in einen jungfräulichen Boden zurückpflanzt, dann verschwinden die Wuchsdepressionen in kurzer Zeit.

In Gefäßversuchen im Gartenbauzentrum Ellerhoop // Gartenbauzentrum Schleswig-Holstein www.lksh.de // hat man bei neu getopften Rosen kleingeschnittene Wurzelreste beigefügt. Hier zeigt sich im ersten Jahr keine Wuchsdepression. Erst im zweiten Kulturjahr, als die Zersetzung der Wurzelreste wirksam wurde, konnte eine Rosenbodenmüdigkeit festgestellt werden. Diese Erfahrung deckt sich mit Erkenntnissen aus Versuchen, die vor 1939 von Fastabend und Schander //Ausführl. Bericht des „Bundesprogramm Ökologischer Landbau“ BÖL im Internet unter „Wuchsdepression von Gehölzarten im Baumschulbereich“ und weiterführende Artikel // in Hannover mit Wurzelresten von Apfelpflanzen durchgeführt wurden.

Die Baumschulbranche versuchte ab 1950 durch den Einsatz von Bodendesinfektionsmitteln die Wirkung der Bodenmüdigkeit aufzuheben. Trotz ausführlicher Versuche der Biologischen Bundesanstalt, – die diese Mittel anfangs für unbedenklich gehalten hat, – konnten Schäden in Bezug auf die Reinheit des Grundwassers nicht ausgeschlossen werden, sodass heute nur noch ein Wirkstoff temporär für die Bodenentseuchung als zugelassen gilt.

Der Einsatz der Bodenentseuchungsmittel führte dazu, dass die Wissenschaft keinen Anlass sah, sich mit dem Problem Bodenmüdigkeit neu zu befassen. Das änderte sich erst ab dem Jahr 1990 als das Umweltbewusstsein einen wichtigen Platz in der Gesellschaft einnahm. Die Fragen der Nachbauprobleme wurden wie folgt neu untersucht:

1990 – 1992
von Grassberger/Kiel
1990 – 1992
von Dauck/Hannover
1993
von Bernd Wunderlich, Untersuchungen zu spezifischen Bodenmüdigkeit, Universität Göttingen
1995
Lösing/Hannover, (Nematoden)
1996
von Dreßler/Aachen , (Bakterien)
2005 – 2008
von der Arbeitsgruppe Prof. Wolf, Göttingen, mit der Fragestellung „Gibt es Rosenmüdigkeitsbakterien und gibt es ein Rosenmüdigkeitsgift durch Wurzelausscheidungen. Diese Arbeit wurde finanziert durch die Stiftung Europa Rosarium Sangerhausen.

Wegen der Länge des Vortrages wird sein Text hier in mehrere Teilen wieder gegeben.

–> weiterlesen beim nächsten Kapitel

 

Kapitelübersicht

Einleitung

Kapitel 1: Was verstehen wir unter der allgemein als „Bodenmüdigkeit“ benannten Eigenschaft?

Kapitel 2: Arbeitskreis Bodenmüdigkeit bei Rosen und Apfel

Kapitel 3: Welche Erkenntnisse zur Frage der Bodenmüdigkeit liefert bis jetzt die Wissenschaft?

Kapitel 4: Welche Möglichkeiten bestehen, um die Wuchsdepressionen bei Bodenmüdigkeit zu mildern?

Kapitel 5: Haben Rosen im Container einen Vorteil gegenüber Rosen mit nackten Wurzeln?

Kapitel 6: Quo vadis … wohin wird das führen?

Kapitel 7: Vorläufige Schlussfolgerungen

Kapitel 8: Geplante Versuche um die Gegenspieler der Rosenmüdigkeit aufzuspüren

Referent und Autor: Klaus Jürgen Strobel

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2 comments on “Kapitel 1: Bodenmüdigkeit bei Rosen

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