Gärten und Kultur in England

Reise der Rosenfreunde Ulm und der Staudenfreunde Ostalb/Donau 1.- 8.September 2012

Samstag, 1.September – Anreise

Pünktlich um 5.30 Uhr begann die Mehrtagesreise der Rosenfreunde Ulm und der Staudenfreunde Ostalb/Donau in Neu-Ulm mit Fahrziel England. Da wir mit den englischen Cotswolds eine der schönsten Gartengegenden der Insel ansteuerten, waren auch Gartenfreunde aus Augsburg, Stuttgart, München und vom Bodensee unter den Mitreisenden, im Laufe der Fahrt kamen noch Gäste aus Mannheim und dem Saarland dazu.

Da wir möglichst rasch an der Fähre in Dünkirchen sein wollten, gab es statt einer Mittagspause eine Kaffeepause, für die von einigen Damen Kuchen gebacken und mitgebracht worden war. Es zeigte sich, dass gute Gärtnerinnen auch gute Kuchenbäckerinnen sind, und so setzten wir unsere Reise frisch gestärkt und wohlgelaunt fort.

In Dünkirchen angekommen, ging die Einschiffung auf die Fähre reibungslos und flott voran, so dass wir uns schnell ein schönes Plätzchen auf dem Sonnendeck der Fähre suchen konnten. Dort gab es dann zur weiteren Einstimmung auf unsere Reise das fast schon obligate Gläschen Rosensekt und dazu leckeres Gebäck.

Nach zweistündiger Überfahrt begrüßten uns die weißen Klippen von Dover und mit ihrem Anblick kam auch beim Letzten von uns sehnsüchtige Spannung auf das auf, was uns erwarten würde.

Unsere Busfahrer stellten ohne Probleme auf den Linksverkehr um und nach einer guten Stunde Fahrtzeit kamen wir in unserem Hotel nahe Canterbury an. Nach dem gemeinsamen Abendessen gingen alle rasch zu Bett, denn wir wollten am nächsten Morgen ausgeruht die eigentliche Gartenreise beginnen.

Sonntag, 2.September – Polesden Lacey, West Green House

Nach einem ausgiebigen Frühstück steuerten wir unser erstes Reiseziel an, Polesden Lacey, den Landsitz von Mrs.Greville. Diese illustre Dame der englischen Gesellschaft nützte am Anfang des vergangenen Jahrhunderts dieses Schloss als „Wochenendhaus“ für große Partys. Zu ihren Gästen zählten die englische Königsfamilie, Politiker und renommierte Mitglieder der Gesellschaft. Haus und Garten wurden aufwendig renoviert und bildeten den perfekten Rahmen für rauschende Feste.

Wir erlebten eine sehr angenehme deutschsprachige Führung durch das Schloss, den 12 ha großen Garten erkundeten wir auf eigene Faust. Natürlich beschränkten wir uns bei dieser Gartengröße auf die angelegten Gärten beim Gebäude, wie den Rosengarten, der allerdings recht wenige Blüten bot. Dafür entschädigte das 140m lange, in voller Herbstblüte stehende Staudenbeet (longborder). Beeindruckend an diesem Garten war vor allem seine Lage über den weich fließenden Hügeln des Umlands. Wir genossen den herrlichen Ausblick in die Landschaft und mancher träumte wohl von der Zeit, als hier noch große Feste gefeiert wurden.

Dann ging es weiter nach West Green House, dem genauen Gegenteil von Polesden Lacey. Während dort das Schloss dominant war und der Garten eher schmückendes Beiwerk, lag hier ein kleineres Landhaus aus dem 18.Jahrhundert in einem Garten, der sich als Offenbarung herausstellte. Dieser Garten ist das Werk der Australierin Marylin Abbott, die dieses Gartenjuwel selbst entworfen und zu großen Teilen auch selbst gestaltet hat. Nur für die großen Umgestaltungsarbeiten holte sie fremde Hilfe hinzu.

Zu Beginn dieser Gartenbesichtigung wurden wir zunächst in ein Gewächshaus gebeten, das sich als angenehm gestaltetes Teehaus präsentierte. Dort machten wir die erste Bekanntschaft mit britischem „afternoontea“ und genossen Kuchen und Tee in dieser passenden Umgebung. Nachdem wir uns so gestärkt hatten, begrüßte uns Marylin Abbott persönlich in ihrem Garten. Sie war gekommen, um uns selbst durch ihr Refugium zu führen. Unprätentiös und vor Lebensfreude sprühend, erklärte sie uns ihr besonderes Farbkonzept, das sich überall im Garten wiederspiegelte. Dabei werden Zier- und Nutzpflanzen oft gemischt, ergänzen sich aber in ihrer Farbwirkung auf´s Schönste. Herzstück der Anlage ist ein ummauerter Garten, der sich in vier kleinere Konzeptgärten aufteilt. Des Weiteren konnten wir einen persischen Wassergarten bestaunen und schließlich noch einen ca. 4 ha großen „wilden Garten“ mit zwei Teichen und vielen Brücken. Vor allem die stimmige Farbgestaltung dieser Anlage war für uns alle ein erstes Highlight.

Erfüllt von den schönen Eindrücken dieses Tages fuhren wir weiter in unser zweites Hotel in der Nähe von Gloucester. Hier werden wir bis Freitag bleiben und von dort aus zu weiteren Besichtigungen starten.

Das Abendessen nahmen wir nicht im Hotel ein, sondern in einem Pub „nextdoor“, also gleich gegenüber des Hotels. Unsere anfängliche Skepsis, dass wir zum Essen das Haus verlassen mussten, wich beim Betreten des Pubs allgemeiner Begeisterung. Das „Bumble Bee“ war ein traditionelles englisches „Public House“ mit viel Atmosphäre und sehr schmackhaften Speisen. So mancher sah sein Vorurteil widerlegt, dass man in England nicht gut essen könne. Zudem konnte man „real ale“ genießen, ein nach traditionellem Rezept gebrautes Bier. So wurde jeder zufriedengestellt, und auch die weiteren Abende stellte der Besuch des „Bumble Bee“ ( engl. für Hummel ) einen angenehmen Tagesabschluss dar.

Montag, 3.September – Sudeley Castle, Hidcote Manor, Kiftsgate Court

Nach einer kurzen Busfahrt gelangten wir nach Sudeley Castle. Schon zu angelsächsischer Zeit stand hier eine Burg, das heutige Schloss wurde aber zum Großteil im 15. und 16. Jahrhundert errichtet. Der zu viktorianischer Zeit entstandene „Neubau“ wird heute noch bewohnt.

Das über 1000 Jahre alte, immer wieder vergrößerte und dem Zeitgeist entsprechend umgebaute Schloss diente Katherine Parr, der letzten Frau Heinrich VIII., als Wohnsitz. Nach ihrem Tod wurde sie in der St.Mary´s Church auf dem Anwesen beigesetzt. Die nächsten 200 Jahre blieb das Schloss unbewohnt und verfiel zu einem guten Teil. Erst Mitte des 19. Jahrhunderts wurde es von reichen Fabrikanten gekauft und wieder in Stand gesetzt.

Heute bilden die Ruinen mit ihren Renaissance-Spitzbögen eine beeindruckende Kulisse für den etwa 12 ha großen Park. Mächtige, teilweise formgeschnittene Eibenhecken gliedern den Garten, der zum größten Teil im ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhundert neu angelegt wurde. Zu den besonders sehenswerten Teilen zählt der „secretgarden“ mit seinen prächtigen englishborders und ein kunstvoll angelegter Knotengarten. Der „Queen´s Garden“, mit einem zentralen Springbrunnen, ist als formaler Rosengarten angelegt. Besonderen Charme verbreitete die Ruine einer riesigen Zehntscheuer, die von herrlichen Clematis, Hortensien und Ramblerrosen überwachsen war.

Voll von herrlichen Eindrücken ging es weiter nach Hidcote Manor Garden, einem der berühmtesten Gärten Englands. Er war bis 1948 im Besitz des Amerikaners Lawrence Johnston, der den Garten an den National Trust übergab. Johnston war ein eifriger Pflanzensammler gewesen und hatte vielen seltenen Pflanzen in seinem Garten eine neue Heimat geboten. Er schuf viele Gartenzimmer, die jedes für sich einem eigenen Thema unterstellt waren. Mit diesem Gartendesign prägte er die Gartenkunst des 20.Jahrhunderts entscheidend.

Berühmt sind die „redborders“, die mit ihren glühenden Rottönen auch uns in Staunen versetzten. Es gibt einen weißen Garten, einen Rosengarten, einen Ahorn-Garten, einen Mohn-Garten, einen alpinen Garten, einen Gräser-Garten… , manchem war es fast zu viel des Guten und die ganze Anlage zu verschachtelt. Ruhe bekam das Auge nur, wenn man aus einem der Gartenzimmer heraustreten konnte, um dann einen herrlichen Blick in die weite, umliegende Landschaft zu genießen.

Fast in Gehdistanz zu Hidcote Manor befinden sich die Kiftsgate Court Gardens, verglichen mit dem ersten ein eher kleiner Garten („nur“ 4 ha groß). Aber schon die Lage des Gartens ist ungewöhnlich. Das mit Säulen geschmückte, an eine römische Villa erinnernde Herrenhaus, liegt über einem steilen Abhang der Cotswolds. Diese topographische Besonderheit wurde überaus geschickt in die Gartenplanung mit einbezogen.

Der Garten bildet eine gelungene Mischung aus formalen Elementen und einem großzügigen Landschaftspark.  Natürlich fehlten auch nicht die klassischen englischen Borders, die farblich sehr fein abgestimmt waren. Dieser Garten wirkte nie aufdringlich, sondern ließ dem Betrachter immer genügend Raum und Ruhe, um das Auge schweifen zu lassen. Der erst vor einigen Jahren angelegte moderne Wassergarten stellte die Krönung dieses meditativen Aspekts dar.

Und dann war da noch die Ramblerrose Rosa filipes „Kiftsgate“, die ihren Namen diesem Garten verdankt. Es wird immer wieder bestätigt, dass es sich um einen einzigen Rosenstock handelt, was aber bei den riesigen Ausmaßen dieser Rose fast nicht zu glauben ist. Eine mächtige Buche und das umliegende Gesträuch sind von dieser Monsterrose völlig überwuchert. Es muss zur Blüte ein grandioser Anblick sein, aber auch jetzt im September wirkte die Rose sehr vital und mancher mochte bei ihren Dimensionen glauben, dass sie vielleicht doch ein Dornröschenschloss verbergen könnte.
Insgesamt vermittelte dieser Garten ein Gefühl der Harmonie und manchmal auch fast etwas von mediterraner Leichtigkeit, hier hätte man bleiben mögen.

Aber unser Programm für heute war noch nicht zu Ende, es ging noch weiter nach Chipping Campden. Das ist ein malerisches kleines Cotswold-Städtchen mit den typischen pittoresken Steinhäusern. Wir hatten genügend Zeit für einen Spaziergang durch die Sträßchen und mancher fühlte sich in einen Rosamunde Pilcher – Film versetzt.

Der Tag klang wieder im „Bumble Bee“ aus und nach den vielen Eindrücken des heutigen Tages   hatten wir wahrlich viel zu bereden.

Dienstag, 4.September – Cerney House, Abbey House Garden

Unser erstes Ziel war heute Cerney House. Wir wurden dort sehr freundlich von der Besitzerin Lady Angus begrüßt, die das ca. 40 ha große Anwesen gemeinsam mit ihrem Mann biologisch bewirtschaftet. Innerhalb des großen Grundbesitzes war für uns natürlich der überschaubar dimensionierte formale Garten interessant, dessen Kernstück ein großer ummauerter Garten bildete.

Lady Angus führte uns durch ihr Reich und bedauerte, dass der Blühhöhepunkt des Gartens leider schon im Frühsommer gelegen habe. Dennoch gab es für uns genug zu sehen. Die breiten Borders boten auch um diese Jahreszeit genug zum Staunen und ein wunderschön angelegter Knotengarten bezauberte uns.

Nachdem sich mancher noch mit von Lady Angus gebackenem Kuchen gestärkt hatte ging es weiter nach Malmesbury zum Abbey House Garden. Erst vor zwanzig Jahren hatten der Londoner Bauunternehmer Ian Pollard und seine Frau Barbara das Gelände erworben. Sie schufen ein gärtnerisches Kleinod, dessen pittoresken Rahmen die Ruinen einer ehemaligen Abtei bilden. Eibenhecken und Formschnittfiguren begrenzen Gartenräume, die mit viel Bedacht angelegt sind.

Besonders freuten sich die Rosenfreunde unter uns, denn unter den ca. 2000 aufgepflanzten Rosen befanden sich auch viele moderne, öfterblühende  Sorten, so dass es einen üppigen zweiten Flor zu bewundern gab. Auch der große Kräutergarten und die herrlichen Stauden trugen zu dem bezaubernden Gesamtbild bei.

Doch der Garten besteht nicht nur aus den eher formalen Teilen, sondern auf einem hinter dem großen  Landhaus abfallenden Gelände ist ein verwunschener, fast wilder Wald- und Bambusgarten angelegt worden. Durch das besondere, manchmal fast dämmrige Licht und durchzogen von einem Bachlauf mit einem kleinen Wasserfall, entfaltete dieser Bereich seinen ganz eigenen Reiz.

Von hier fuhren wir weiter nach Gloucester, um dort die Innenstadt und die Kathedrale zu besichtigen. Das geschichtsträchtige, auf römische Anfänge zurückgehende Gotteshaus kann  mit einigen Superlativen aufwarten. So zählen die herrlichen Glasfenster zu den ältesten in Großbritannien. Auch die üppig geschmückten Gewölbe und der Kreuzgang begeisterten uns.

Mittwoch, 5. September – Bourton House Garden, Snowhill Manor

Als erstes fuhren wir heute nach Bourton-on-the-Hill, um dort Bourton House Garden zu besuchen. Nun haben wir im Laufe dieser Reise schon einige herrliche Gärten gesehen, desto mehr erstaunt es, wenn immer noch eine Steigerung möglich ist. Aber dieser preisgekrönte Garten, der ein Herrenhaus aus dem 18. Jhd. umgibt, versetzte uns alle in Entzücken.

Große, üppige Borders, in feiner Farbabstufung bepflanzt, umschließen eine große Rasenfläche, die sich hinter dem Haus erstreckt. Das gibt dem Garten eine ruhige Atmosphäre, die aber dennoch eine gewisse Spannung enthält. Denn die Borders sind teilweise in flammenden Rot-, Orange- und Gelbtönen bepflanzt, die in spätsommerlichen Pracht glühten. Aber nie wirkte diese Üppigkeit aufdringlich, das Temperament der Bepflanzung war durch das umgebende ruhige Grün gezügelt und strahlte damit Erhabenheit und Eleganz aus, was dem Betrachter staunende Ehrfurcht abverlangte.

Weitere Gartenteile beeindruckten durch perfekt geschnittene Eiben- und Buchsornamente, auch ein weißer Garten fehlte nicht. Durch die erhöhte Lage des Gartens konnte der Blick in die Weite der Cotswolds schweifen und machte somit dieses Gesamtkunstwerk perfekt.

Unter großen Obstbäumen konnten wir noch eine Teepause genießen, eine gelungener Ausklang zum Abschied von diesem wundervollen Garten.

Dann ging es weiter nach Snowhill Manor and Garden. Dies war das völlige Gegenteil von dem, was wir kurz zuvor gesehen hatten. Das Anwesen gehörte dem Architekten Charles Wade und ging nach dessen Tod an den National Trust über. Wade erwarb das typische Cotswolds Manor House Anfang des 20.Jhd. und gestaltete Haus und Garten großzügig um. Zudem war er ein leidenschaftlicher Sammler von allem, was ihm an Außergewöhnlichem unter die Augen kam. Egal ob winziges Spielzeug oder Samurai-Rüstung, alles brachte er nach Snowhill und es fand einen Platz in seinem Haus. Das wurde im Laufe der Zeit zum Museum und Wade selbst wohnte die letzten Jahre seines Lebens in einem angrenzenden Schuppen, denn in seinem Haus fand er als Folge seiner Sammelleidenschaft keinen Platz mehr.

Der Garten ist klarer strukturiert und gekonnt in Gartenzimmer unterteilt. Er ist relativ klein aber recht hübsch und profitiert von seiner Lage über den Hügeln der Cotswolds. Durch den überall möglichen Blick in die Ferne wirkt der Garten weiter und größer.

Nun ging es weiter nach Stratford-upon-Avon. Dieses Städtchen ist der Geburtsort von William Shakespeare, dem großen englischen Dramatiker. Wir besuchten zuerst das Ann Hathaway Cottage, das Häuschen, in dem Shakespeares spätere Ehefrau Ann Hathaway aufgewachsen ist. Es befindet sich noch heute in fast genau dem Zustand wie damals, als hier Will um seine Ann geworben hat. Auch der Garten und die Obstwiese am Haus stellten eine Zeitreise dar, denn der National Trust, der heute für das Anwesen zuständig ist, trägt Sorge, dass hauptsächlich historische Bäume und Pflanzen wachsen.

Im Anschluss an die Haus- und Gartenbesichtigung erhielten wir noch eine Stadt- und Umlandführung im Bus mit Zwischenstopps. Unser deutschsprachiger Führer war zugestiegen und berichtete sehr launig über viele interessante Fakten aus Shakespeares Leben. Immer wieder stiegen wir aus, um Gebäude eingehender zu betrachten. So erhielten wir einen umfassenden Eindruck vom Leben Shakespeares und seiner Familie.

Donnerstag, 6. September – Rodmarton Manor, Highgrove

Unser erstes Ziel war heute Rodmarton Manor, ein edwardianischer Landsitz nahe Cirencester. Dieses Anwesen ist in Privatbesitz und wir wurden sehr herzlich vom Hausherren John Biddulph begrüßt, der hier mit seiner jungen Familie lebt. Er erläuterte uns kurz die Geschichte von Haus und Garten, danach konnten wir uns frei auf dem Gelände bewegen.

Da der Garten donnerstags eigentlich nicht für Besucher zugänglich ist und man für uns eine Ausnahme gemacht hatte, waren wir auf dem ca. 2 ha großen Anwesen allein. So konnte man sich selbst ein wenig wie die  Hausherren fühlen, denn man schlenderte mit guten Bekannten durch den Garten und begutachtete dessen Gedeihen. Und es gab wahrlich viel zu bestaunen: herrliche mixed borders und viele kleine, fast geheime Gartenzimmer, die es zu erkunden galt. Dieser Garten war nicht so „aufgeräumt“ wie manch anderer, aber durch säuberlich geschnittene Eibenhecken und gepflegten Rasen wirkte er nie unordentlich. In diesem Garten wurde gelebt, er war nicht nur zum Anschauen angelegt.

So eingestimmt bereiteten wir uns auf den Höhepunkt des heutigen Tages, und für manchen vielleicht auch der gesamten Reise, vor. Es stand Highgrove, der Landsitz von Prinz Charles, auf dem Programm. Nach einem Aufenthalt in Tetbury zum Mittagessen und ein wenig Bummeln, fuhren wir etwas angespannt und sehr neugierig Richtung Highgrove.

Wir hatten schon auf dem Weg nach Highgrove genaue Verhaltensregeln erhalten. Jeder musste seinen Pass greifbar haben und das Handy ausschalten. Zum Leidwesen aller mussten die Kameras im Bus bleiben. Der gesamte Garten ist videoüberwacht und wir durften uns nur mit Führer auf genau ausgewiesenen Wegen bewegen. Auch längeres Stehenbleiben und das Verlassen der geführten Gruppe war untersagt. Schon vor der Einfahrt ins Gelände war der Bus von einem „Bobby“ genau untersucht worden. So war uns allen klar, dass uns etwas Besonderes erwartete.

Nachdem wir namentlich überprüft worden waren, teilte man uns in Gruppen auf, denen Gartenführerinnen zugeteilt wurden. Diese Damen stellten sich als sehr angenehme und belesene Begleiterinnen heraus, sie gestalteten die rund zweistündige Führung äußerst kurzweilig. Niemand hätte erwartet, dass uns ein so unprätentiöser Garten gezeigt wird. Kein königliches Großgehabe, sondern ein in Zimmer unterteilter Garten mit immensem Charme. Was uns allerdings fürchterlich fehlte waren unsere Kameras, damit man all die Schönheit und besonderen Ideen hätte für sich festhalten können. So musste man Augen und Herz weit aufmachen, um möglichst viel in sich aufzunehmen.

Der gesamte Garten wurde vom Prinzen selbst geplant und gestaltet. Es wurden viele Bäume gepflanzt, so dass in weiten Teilen der Charakter des englischen Landschaftsparks erhalten blieb. Andere Bereiche, wie der orientalische „Teppichgarten“, der ummauerte Garten direkt am Haus oder der Thymiangarten waren bis ins Detail strukturiert.

Besonders beeindruckend war die Stumpery, ein mit lauter gerodeten Baumstümpfen gestalteter Gartenteil, der anschaulich die Gartenphilosophie des Prinzen zum Ausdruck bringt, dass nichts einfach weggeworfen wird. Das gesamte Anwesen wird nach ökologischen Gesichtspunkten bewirtschaftet, der Prinz ist ein Vorreiter dieser Idee in England.

Den krönenden Abschluss dieses Tages bildete der „Champagne Tea“ im großen Gartenhaus auf dem Anwesen. Wir nahmen an großen runden Tischen Platz, eine Pianospielerin am Flügel sorgte für den stimmigen akustischen Hintergrund. Wir begannen mit einem Glas Champagner, dem folgte der klassische englische Fünfuhr-Tee mit Sandwiches und süßem Kleingebäck. Serviert wurde auf feinem Porzellan, die Speisen waren auf Etageren angerichtet. Insgesamt stimmte hier wirklich alles und man wäre gerne noch länger geblieben.

Heute nahmen wir unser letztes Abendessen im „Bumble Bee“ ein, denn morgen wollten wir schon wieder Richtung Osten fahren, damit wir die letzte Nacht nahe Dover verbringen konnten.

Freitag, 7.September – The Manor House

Nachdem am Morgen das Gepäck im Bus verstaut war verließen wir Gloucester und fuhren Richtung Canterbury. Auf dem Weg dorthin machten wir in Upton Grey Halt, um den Garten bei The Manor House zu besichtigen.

Es begrüßte uns die Besitzerin Mrs. Rosamund Wallinger, die uns auch durch ihren Garten führte. Sie berichtete uns, dass sie erst nach dem Kauf des damals ziemlich heruntergekommenen Anwesens erfuhr, dass der Garten ursprünglich von der berühmten Gartendesignerin Gertrude Jekyll angelegt worden war. Mrs. Wallinger hatte sich dann auf die Suche begeben, alte Pläne ausfindig gemacht und dann in jahrelanger mühevoller Arbeit den Garten rekonstruiert und ihn in den Zustand gebracht, den wir heute bestaunen können. Da sie sich auf Originalpläne stützen konnte, wurden die Gestaltungsprinzipien und die Farbkonzepte Gertrude Jekylls bis ins Kleinste wieder sichtbar gemacht. So verdanken wir Mrs. Wallinger die Wiedergeburt eines „lost garden“.

Zur Gesamtanlage des Gartens gehörten neben den üppigen Borders auch ein Rosengarten, Laubengänge und Pergolen, ein Küchengarten und ein „wild garden“ mit Teich. Zudem lag am unteren Ende des Gartens ein Rasen-Tennisplatz, eingefasst von Hecken und Borders. Diesen Rasen stellte uns Mrs.Wallinger für ein Picknick zur Verfügung, an dem sie mit Freuden selbst teilnahm. Wir hatten am Abend vorher eingekauft und den Rosensekt hatten wir extra von zu Hause mitgebracht. So genossen wir bei Sandwiches und Sekt ein typisch englisches Picknick mit Blick auf den herrlichen Garten und das Landhaus.

Wir trennten uns schweren Herzens von unserer bezaubernden Gastgeberin und fuhren weiter nach Canterbury. Dort besichtigten wir die gewaltige Kathedrale und wir hatten auch noch Zeit für einen kurzen Stadtbummel.

Samstag, 8.September – Heimfahrt

Schon sehr früh verließen wir unser Hotel, um pünktlich an der Fähre in Dover zu sein. Alles klappte reibungslos und knapp zwei Stunden später waren wir wieder auf europäischem Festland. Zügig ging die Fahrt weiter nach Reims, wo wir einen kurzen Zwischenaufenthalt einlegten. Die meisten nützten die Zeit zum Besuch der Kathedrale oder für einen kurzen Imbiss. Dann ging es schon weiter Richtung Heimat, wo wir wohlbehalten am späteren Abend eintrafen.

Diese Reise war in jeder Beziehung einzigartig. Wir haben herrliche Gärten in einer malerischen Landschaft erlebt und hübsche Städtchen und mächtige Kathedralen besichtigt. Wir hatten großes Glück mit dem Wetter, fast ausnahmslos schien die Sonne und die Temperaturen waren für Gartenbesichtigungen perfekt. Dabei waren wir immer in angenehmer Gesellschaft, denn viele im Bus kannten sich schon vor der Reise oder es wurden neue Bekanntschaften geknüpft, so dass die Stimmung nie getrübt wurde.

Unsere beiden Busfahrer haben uns allzeit sicher durch den englischen Linksverkehr chauffiert und ohne Murren die vielen gekauften Pflanzen und anderen Mitbringsel im Bus verstaut. Dafür ein herzliches Dankeschön.

Ein besonderer Dank gebührt Christa Haller, deren akribische Vorbereitung für das Gelingen der Reise maßgeblich verantwortlich war. Sie hatte nichts dem Zufall überlassen, sogar an den obligaten Rosensekt mit den dazugehörigen Gläsern hatte sie gedacht und dazu noch Mitreisende gefunden, die Gebäck zu Sekt oder Kaffee mitbrachten (auch den Bäckerinnen herzlichen Dank).

Die Auswahl der Gärten war wohlüberlegt, so konnten wir ein breites Spektrum englischer Gartenkunst bestaunen. Und dass es Christa Haller gelang, Karten für Highgrove mit Champagne Tea zu ergattern, ist sicherlich ein extra Lob wert.
Aber nach der Reise ist vor der Reise und wir alle freuen uns schon auf ein weiteres Mal, wenn es wieder heißt: heute starteten die Rosenfreunde Ulm und die Staudenfreunde Ostalb/Donau …

Autor: Doris Strähle
Bilder: W. Sinnecker / Wassergarten von Dieter Rudolph

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